Vielerorts sind Tante-Emma-Läden aus dem Ortsbild verschwunden, und wer kein Auto hat, gelangt nur schwer an Lebensmittel und andere Waren des täglichen Bedarfs. Was also tun?
Auch wenn trotz bestehender Versorgungslücken vor Ort die meisten Menschen auf Grund hoher Automobilität relativ zufrieden mit dem Nahversorgungsangebot sind, so sehen doch viele deutlichen Handlungsbedarf in diesem Feld. Dies liegt neben der Solidarität mit weniger mobilen Ortsbewohnern und dem Komfortgewinn bei Ergänzungseinkäufen daran, dass die Nahversorgung nicht nur unter reinen Versorgungsaspekten betrachtet wird, sondern dass sie auch eine soziale Funktion erfüllt. Das bedeutet, dass Einkaufsmöglichkeiten wichtige lokale Treffpunkte sind. Außerdem organisieren gerade viele Senioren ihren Tagesablauf entlang von fast täglichen Einkäufen und diese Tätigkeit gewinnt an Relevanz, wenn Familienmitglieder und Freunde vor Ort fehlen oder weniger werden und Einsamkeit vermieden werden soll.
Welche Möglichkeiten der Nahversorgung haben sich bewährt?
Gröll: Dorfläden kann man auch in sehr kleinen Gemeinden erfolgreich einrichten. Der kleinste Dorfladen, den wir betreuen, befindet sich in einer Gemeinde mit 165 Einwohnern. Nach anfänglicher Ablehnung haben die großen Lieferanten wie EDEKA, Rewe oder Bünting sich mittlerweile umorientiert und unterstützen die Planung von Dorfläden. Es ist jedoch ein seltsames Phänomen, dass Dorfläden unter „Sippenhaft“ leiden. D.h., wenn ein Laden pleitegeht (in Niedersachsen war das der Fall), gehen Menschen davon aus, dass dann alle Läden pleite gehen. Die Angebots- und Bedarfsbündelung sind positive Aspekte, wenn Metzger und Bäcker liefern. Dorfläden sind Regionalläden mit Grundversorgung, Bedientheken haben großes Gewicht, bis zu 70-75 % Rohertragsanteil. Dorfläden erfüllen mit zusätzlichen Angeboten wie der Postagentur (oder einer Lotto-Annahmestelle) eine Vollversorgung. Neue Entwicklung: 24-Stunden Läden, (ohne Service) teilweise „Grap and Go“ / „Pay and Go“ mit App-Lösungen, Schaltung mit Kreditkarten. Hybride Läden mit SB- und Bedienabteilungen.
Mobile Versorgung als „ruhiger Klassiker“. Auf der einen Seite Imbisse/Lieferanten mit warmen oder kalten/Tiefkühl-Speisen (Spezialanbieter wie Hähnchenwagen, Bo Frost) auf der anderen Seite Vollsortimenter (der rollende Supermarkt, aktuell z.B. mit Amazon fresh).
Bei Betreibermodellen gibt es neben Vor Ort-Modellen auch Franchise.
Wichtig: die Trennung der „Veröffentlichten“ von der „Öffentlichen“ Meinung. Das erste ist u. U. eine Gefahr, das zweite ist das, was die Leute tatsächlich benötigen. (Trends wie Onlinehandel, unverpackt und 24/7 Öffnung flauen teils wieder ab.)
Grundelemente bleiben immer gleich, auch bei Dorfläden. Dorfläden einer neuen Generation ergänzen immer die alten Konzepte, aber ersetzen sie nicht.
Regionalität als nachhaltiges Projekt. Beispiel „Frikadellenbrötchen“ – beim Discounter kommen die Zutaten aus einem Umkreis von 4700 km, beim Dorfladen aus einem Umkreis von unter 50 km.
Preisvergleiche muss auch der Dorfladen bestehen, kann er aber auch. Bei Qualitätsprodukten gehen die großen Ketten auch beim Preis meistens nicht mit.
Hölscher-Uchtmann: Bürgerbefragung Gehrde – 75% finden es schlimm, dass es keine Nahversorgung vor Ort gibt, starke Geburtenrate in Gehrde. Familie Alswede stellte das Projekt vor, eine Markthalle zu eröffnen mit regionalen Produkten, und das auf dem eigenen Hof. Man hatte schon mit einer Dorfladenkette gesprochen. Antrag auf Förderung für Beratung. LEADER Region (EU-Förderung) ermöglichte dies (Mehr dazu: LEADER-Region Nördliches Osnabrücker Land – Samtgemeinde Bersenbrück). Unternehmerisches Risiko der Familie Alswede erfordert die Unterstützung des gesamten Dorfes. Nach 20 Jahren ermöglichte der Dorfladen auch wieder mehr soziale Kontakte vor Ort.
Alswede: von Hause aus eher Gemüseanbau, ursprünglich Edeka-Lieferant, nicht Kunde als Abnehmer für eigenen Markt. Projekt darf nicht vorher schon „totgeredet“ werden. Interessanterweise sind es oft die Kinder, die im Dorfladen einkaufen und hier ihre erste Einkaufserfahrung sammeln. Ein Dorfladen ist aber nicht mal eben gestemmt. Der Laden muss auch ca. 1.2 Mio. € Umsatz im Jahr generieren, um bestehen zu können. Viel Kreativität ist nötig und die Bürger müssen dahinterstehen. Hier ist an der Einstellung der Bürger zu arbeiten, das muss mit der Gemeinde passieren. Die ersten Zahlen waren positiv, jetzt muss an der Entwicklung weitergearbeitet werden.
Der Automat ist „nachtaktiv“ und muss Red Bull enthalten. Auch Eier werden die ganze Nacht hindurch verkauft. Grillfleischverkauf ist durch Wiegeautomatik möglich, auch das ist der Renner. Daneben Coca-Cola, Snickers & andere Riegel oder Capri-Sonne, nur Gemüse ist schwierig. Die Leute wollen den Salat direkt sehen, nicht über einen Bildschirm! Was die Politik leisten muss: Sonntagsöffnung, aber es geht um das Café. So was muss möglich sein, weil das vollautonom abkassiert werden kann. Fahrradtourismus sucht verlässliche Anlaufstellen zum „Einkehren“ und wächst.
Café und Streichelzoo für Kinder als erweiterte Angebote können die Entwicklung positiv beeinflussen. Große Herausforderungen sind nicht so sehr die Personalgewinnung (das geschah durch Mund-zu-Mund-Propaganda) oder die Teilzeitbeschäftigung, da gibt es in Gehrde nicht so viel Auswahl. Finanziell ist aber der Lebensmitteleinzelhandel ein „dünnes Brett“ – man muss besser als die anderen sein und besondere Angebote schaffen. Harte Verhandlungen um Konditionen, Angebote wie Bier oder Schokolade fressen die Marge.
Frerker: Dorfgespräch zusammen mit der KLVHS Oesede vor 10 Jahren machte klar, dass die damals existenten Lebensmittelhändler in Eggermühlen schließen würden. EDEKA machte die „Nah und gut“ Läden vermehrt zu Dorfläden. Nach sehr langen Gesprächen fragte EDEKA nach, wie denn die Voraussetzungen in Eggermühlen waren. Beide Gebäude der alten Läden waren stark sanierungsbedürftig, das Stefanswerk baute im Dorfkern altengerechte Wohnungen und der Dorftreff in Eggermühlen kam hinzu. EDEKA hatte in Fürstenau schon einen Laden. Wettlauf gegen die Zeit, bis die beiden Läden zumachten. 2019: Entschluss, ein neues Gebäude selbst zu bauen und zu vermieten: Das ist aber kein Selbstläufer. Der Umsatz muss stimmen, die genannten 1 – 1,2 Mio. € Jahresumsatz müssen sein. Die Gemeinde muss den Menschen vor Ort sagen, dass allein Klagen nicht hilft. Rechnet sich das für die Kommunen? Ja, die Lebensqualität, die durch den Wohlfühlfaktor 'Laden vor Ort' besteht, lässt sich nicht endgültig messen. Für Eggermühlen kommt eine schwarze Null durch die Mieteinnahmen rum.
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